Standpunkt - Novelle des Klimaschutzgesetzes

Für eine Einordnung des KSG ist ein Blick auf Europa geboten. Die im KSG nach dem Entscheid des Verfassungsgerichts schnell vorgenommenen Veränderungen nehmen vorweg, was auf Grund der neuen EU-Rechtslage absehbar ohnehin notwendig gewesen wäre.

Da sind zum einen die deutlichen Verschärfungen im bestehenden Emissionshandel, die in der Energiewirtschaft und Industrie zu weiteren Emissionsreduktionen führen werden. Zum anderen folgen aus dem ambitionierteren Ziel der EU auch Veränderungen in der EU-Lastenteilung für die nicht vom bestehenden EU-Emissionshandel erfassten Sektoren, insbesondere Verkehr und Gebäude. Deutschland wird überproportionale Beiträge liefern müssen – so wie im KSG auch vorgesehen. Hinzu kommt, dass auch die Forstwirtschaft und der Kohlenstoffbestand in den Böden endlich Teil der nationalen Klimapolitik wird. Auch hierfür gibt es seit 2021 einen verbindlichen EU-Rechtsrahmen.

Ist das Kritik an den Zielen des KSG? Nein! Es ist nicht sinnvoll, immer neue Ziele zu definieren – das jetzt bestehende für die EU und Deutschland ist aus meiner Sicht ambitioniert genug. Nicht, weil man sich nicht noch weitere Ziele vorstellen könnte, die vielleicht auch nötig werden. Sondern weil es jetzt um die Erreichung der Ziele gehen muss. Hierzu ist mehr als genug zu tun, auch die bestehenden, schon umfangreichen Programme werden nicht reichen.

Das zeigen unsere Projekte in der Praxis: Sowohl aus unseren öffentlich verfügbaren Arbeiten zu Reduktionsstrategien und -pfaden für Wirtschaftsverbände (future-camp.de/publikationen) und mit Partnern wie Agora als insbesondere auch aus unternehmensinternen Analysen mit Maßnahmenplanungen basierend auf einer „CO2-Startbilanz“ wird das erkennbar.

Positiv ist, dass in vielen Unternehmen erhebliche Veränderungen in Richtung Klimaschutz auf dem Weg sind oder bereits begonnen haben. Schwerpunkte in den Investitionen ändern sich, in der Produktentwicklung und FuE wird mehr als bisher auf Klimaschutz und andere Nachhaltigkeitsdimensionen Wert gelegt. Und, natürlich: ein stark gestiegener Preis für Emissionen sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene spricht die Sprache, die in der klassischen Betriebswirtschaft und bei Investoren verstanden wird – Nichtstun wird immer teurer.

In der Praxis wird ein CO2-Preis aber nur im Verbund mit anderen Dingen wirken. Dazu gehören staatliche Aktivitäten z. B. um Kosten für grüne Energien zu reduzieren, mit Infrastrukturen die Verfügbarkeit zu sichern, über staatliche Nachfrage „grüne Produkte“ aus der Nische zu bekommen. Dazu gehört v. a. unternehmerischer Mut und (Um-)Gestaltungswille – wer wartet, bis alle Rahmenbedingungen perfekt sind, könnte zu spät dran sein.

Dieser Text wird auch in B.A.U.M. Insights 3/21 - "Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität" veröffentlicht (erscheint Anfang September). B.A.U.M. legt jeder Ausgabe des Magazins forum Nachhaltig Wirtschaften eigene Seiten mit dem Titel B.A.U.M. Insights bei. Bisher erschienene Ausgaben thematisierten nachhaltiges Bauen, Mobilitätswende und Unternehmensengagement für Wald- und Klimaschutz. Diese Ausgaben stehen auf der Website von B.A.U.M. zum Download zur Verfügung