Die EU-Kommission hat die technischen Screening-Kriterien zu den Umweltzielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ in einer vorläufigen Version veröffentlicht. Der endgültige Text – dann in allen Amtssprachen - soll in Kürze verfügbar sein. Der delegierte Rechtsakt zur EU-Klimataxonomie wird Ende Mai formell verabschiedet und tritt nach Ablauf der Prüfungsfrist der Mitgliedsländer und des EU-Parlaments (vier Monate, die um weitere zwei Monate verlängert werden kann) in Kraft und gilt ab 1. Januar 2022. Die EU-Taxonomie ist in ihrer jetzigen Form noch bruchstückhaft und wird über die nächsten Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und deutlich ausgeweitet werden.

Die Veröffentlichung liefert den ersten Satz technischer Kriterien für die Definition von Aktivitäten, die wesentlich zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Der Rechtsakt ist der erste zum Erreichen von zwei der sechs in der Taxonomie-Verordnung 2020/852 festgelegten EU-Umweltziele. Für die anderen Ziele (nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung sowie Schutz von Ökosystemen und Biodiversität) werden weitere Rechtsakte folgen (siehe auch unsere Meldung auf unserer Website).

Die EU-Klimataxonomie wurde zuletzt kontrovers diskutiert, strittige Themen wurden von der EU-Kommission erst einmal ausgeklammert oder gegenüber den Entwürfen aus 2020 verändert aufgenommen. Dies betrifft insbesondere die Nutzung von Kernenergie, Erdgas und Bioenergie sowie die Forst- und Landwirtschaft.

Für den Einbezug von Kernenergie hat die EU-Kommission bereits 2020 ihr Joint Research Centre mit einem technischen Gutachten über die "Do no significant harm"-Aspektem,der Kernenergie beauftragt, welches inzwischen vorliegt und derzeit von zwei Sachverständigengruppen geprüft wird.

Wie die Kernenergie ist Erdgas in der aktuellen EU-Klimataxonomie nicht enthalten. Die Entscheidung, ob und wie auf Erdgas basierende Energietechnologien in der EU-Taxonomie anerkannt werden, wird ebenfalls noch geprüft und in einem ergänzenden delegierten Rechtsakt, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll, geregelt werden. Darüber hinaus zieht die EU-Kommission spezifische Rechtsvorschriften für Gasaktivitäten in Betracht, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen, aber nicht in der EU-Taxonomie erfasst werden können, da sie die Screening-Kriterien nicht erfüllen.

Nachhaltige Bioenergie wird in der jetzigen Fassung nicht mehr nur als Übergangstechnologie eingestuft, was bei Unternehmen für mehr Planungssicherheit sorgen dürfte. Die Screening-Kriterien sowohl für Bioenergie als auch für die Forstwirtschaft werden allerdings später im Jahr einer Überprüfung unterzogen, ob sie in Übereinstimmung mit den Zielen der Europäischen Union in Bezug auf Biodiversität und Klimaneutralität und der kommenden EU-Gesetzgebung (Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie) stehen.

Der Agrarsektor wurde aus dem delegierten Rechtsakt herausgenommen und dessen Einbeziehung bis zum nächsten delegierten Rechtsakt verschoben. Laufwasserkraftwerke (d. h. ohne Stausee) oder Anlagen mit einer Leistungsdichte von über 5 W/m2 müssen nach den Kriterien keine Ökobilanz durchführen, um nachzuweisen, dass sie die 100 g-Schwelle einhalten, wie dies bei anderen erneuerbaren Technologien der Fall ist. Anlagen mit einem Speicher und einer Leistungsdichte unter 5W/m2 müssen nun bestätigen, dass sie den lebenszyklusbasierten Schwellenwert für die THG-Emissionsintensität von 100 g CO2e/kWh einhalten.

Nachdem die o. g. Screening-Kriterien nun veröffentlicht sind, fehlen noch Regelungen zu Methodik, Inhalt und Darstellung der durch die Unternehmen zu machenden Angaben. Bis 1. Juni 2021 soll dies in einem separaten Rechtsakt geregelt werden.

Inwieweit die kommende CSRD (siehe separate Meldung) mit der Berichtspflicht der EU-Taxonomie-Verordnung ineinander greifen soll, erfahren Sie in unserem Webinar am 22.07.2021, zu dem wir Sie herzlich einladen.

Autor: David Heuer
Tags:  Sustainable Finance


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